Hochseefischer Welt
Fahrzeitberichte
Seemannskrankheiten "Filzläuse - wie ärgerlich ! " Von Uwe Berger "Filzläuse" - auch als "Matrosen am Mast" bezeichnet" Ich fuhr 1959 als Lehrling auf ROS-207 "ERFURT" .Am Fangplatz meldete sich ein Matrose mit Filzläuse beim 2.NO. In der Bordapotheke fanden sie ein Mittel dagegen mit dem Namen "Teirex". Der Steuermann pinselte ihm gewissenhaft Gehänge u.Umgebung damit ein.Schon nach kurzer Zeit brannte es fürchterlich. Nach dem genauen Lesen der Gebrauchsanweisung stellten sie fest, das Mittel hätte unbedingt stark verdünnt aufgetragen werden müssen. Zu spät, es hatte sich schon richtig enigebrannt und die Haut begann zu pellen. Er hatte Angst seine Glocken zu verlieren. Da die Fischerei begann und Rücksicht auf Schmerzen aus diesem Grund nicht in Frage kam, wurde eine Lösung gefunden. Ein Gummihandschuh wurde mit Eis gefüllt und er mußte sich diesen zwischen seine Beine hängen. Der zähe Kerl hat so bestückt 3 Tage im Fisch gestanden und geschlachtet, dann hatte er es überstanden. Mich erwischten die "Matrosen am Mast" 1964 auf ROS-209 "Mansfeld". Sofort dachte ich mit Schrecken an diese Geschichte. Ich vertraute mich einem älteren Maschinisten an und der gab mir einen tollen Tip. Alle betroffenen Stellen mit Diesel einreiben, das nach einem Tag wiederholen und da unten nicht waschen. Ich stank wie Maschinenputzlappen und im Vorschiff bekam das natürlich jeder mit. Na ja, das schadenfrohe Gelächter kann man sich vorstellen. Zum Glück waren wir noch auf Ausreise und oh Wunder nach 5 Tagen waren die Widerlinge verschwunden und ich war glücklich.
Ja die alten"Hausmittel". Selbst in dieser Beziehung waren Hochseefischer "besondere" Menschen.
"Meuterei" von Uwe Berger Eine kurze Story zum Thema Meuterei. Ende der sechziger bis in die siebziger Jahre kam es bei der Zubringerfischerei oft zu sehr komplizierten Situationen. Es waren z.B. zu viele Zubringerschiffe am Fangplatz und die "Welt" bzw."Garde"kam mit der Verarbeitung nicht nach, dann hörte ein oder auch zwei Schiffe auf zu fischen, oder fischten nur noch den halben Tag und ein Teil der Besatzung mußte auf die Großschiffe in die Verarbeitung. Da herrschte natürlich helle Freude, waren Seitentrawler am Fangplatz, so wurden diese als erste ausgesucht. Da die Schlafplätze auf den Großschiffen nicht ausreichten, mußte ein Großteil der" Gäste" auf dem Betriebsgang ihr Lager aufschlagen. Jeder der schon mal die 6-6 Stundenschicht in der Produktion erlebt hat kann sich vorstellen, dass die Leute mit Koje auf dem Betriebsgang schwer zur Ruhe kamen. Da die Messe für diesen Ansturm auch nicht ausgelegt war und die "Gäste" natürlich die schlechtesten Jobs in der Produktion bekamen, war die Stimmung dem entsprechend. So kam es, dass die Truppe von einem Typ-3er, welcher weiß ich nicht mehr der Meinung waren, unter diesen Bedingungen nun lange genug auf diesem fremden Schiff gearbeitet zu haben und wollten nun wieder auf ihr Schiff. Da Aussprachen und Beschwerden nicht zum Ziel führten legten sie die Arbeit nieder. Was das in der DDR bedeutete ist wohl jedem klar. Streik war verboten und offiziell gab es so etwas auch nicht. Die Lords wurden sofort auf ihr Schiff gebracht und der Trawler mußte sofort auf Heimreise gehen. An Land wurde das Ganze ausgewertet und die "Übeltäter" mußten sich an Land bewähren. Meines Wissens konnten sie nach Monaten (oder1 Jahr?) wieder fahren. Ich war zu der Zeit auch auf dem Fangplatz, kann aber, da ich nicht direkt beteiligt war, schwer beurteilen wie berechtigt der "Streik" war, aber aus allen Erzählungen von den Leuten die auf dem Goßschiff das Gleiche erlebt haben, kann man doch schließen, dass es unwürdige Bedingungen waren unter denen die "Gäste" dort arbeiteten und "lebten". Ich hoffe, das sich ein Beteiligter, egal auf welcher Seite er stand , meldet und aus seiner erlebten, genauen Sicht berichtet. Ich wundere mich immer, wenn so fast keine Reaktionen auf interessante Beiträge von wem auch immer kommen. Es muß doch noch genug Lords geben die dabei gewesen sind. Im übrigen war das natürlich keine richtige Meuterei, aber im Fiko ja nicht alltäglich. So nun meldet Euch,Gruß Uwe!
"Forschungsreise im Indischen Ozean" von Uwe Berger 1977-78 machte die "Rudolf Leonard" Forschungsreisen im Indischen Ozean und lief zum BA immer Aden im Jemen an. Wir waren zu der Zeit so eine Mini ATb-ca 30-35 Leute,die die Besatzungen ablösten und in der Regel mit den Schiffen im Hafen blieben und sie neu ausrüsteten und auf Vordermann brachten.So haben wir auch die "Leonard"zweimal für 4 Wochen in Aden abgelöst-Der Flug hin und zurück war schon sehr abenteuerlich,aber es lohnte sich für die Erlebnisse dort.Das war nun mal ein Land mit ganz anderer Kultur und Geschichte.Dazu eine Hitze von 40-50 Grad.Schiff natürlich keine Klimaanlage. Na das kennt Ihr ja auch noch. Die Arbeit und die Wachen wurden so eingeteilt,das alle genügend Landgang hatten. Atze Bäsler ,Hans Behm und ich Uwe Berger(die 3Bs) gingen immer zusammen an Land.Erst fuhren wir per Anhalter zum Strand und dann genauso zurück in die Stadt.Dort schlenderten wir durch die Gassen und machten uns so mit Land und Leute bekannt.An jeder Ecke war ein Stand an dem HAT oder hieß es HACK?verkauft wurde.Grüne Blätter,die gekaut wurden und eine leichte Rauschwirkung, ähnlich den Betel-Blättern hat.Die Leute kauten das dauernd und manchmal wurde noch eine Paste oder ein Pulver eingewickelt.Wir probierten es auch,aber außer einem leicht bitteren Geschmak,spürten wir nichts.Na,ja für unsere Fischerschädel brauchte es wohl was stärkeres.Da Hans Behm Schwerigkeiten mit seinem Magen hatte ,ging er nie ohne Natron an Land.Er hatte jede Reise mindestens 50 Tütchen mit.Nun hat er bei unserem Rundgang schon einige Male an seiner Tüte gehangen und wir hatten schon die neugierigen Blicke bemerkt.Na was die dachten war wohl klar.Jedenfalls verfolgte uns so ein hagere berockter Bursche und sprach uns endlich an und zeigte immer auf Hans und machte das Zeichen des Schnupfens.Wir versuchten vergeblich ihm klar zu machen,was das für ein Zeug ist und aber er wedelte verstohlen mit Dinar herrum.Wir gaben es auf und Hans gab ihm eine Tüte nahm aber kein Geld von ihm.Ob er nun den "Deal"seines Lebens gemacht hat,er das Fluchen neu erfunden hat,oder ob die Einbildung gesiegt hat haben wir nie erfahren. Da ich meinen Fotoaparat mit hatte habe ich natürlich fleißig fotografiert und natürlich aufgepasst nichts verbotenes zu knipsen, Wir bemerkten, das wie schon wieder beobachtet wurden.Als wir zu ihm sahen verschwand er.Wir hatten gerade aufgeatmet, da tauchte er mit 4 Polizisten auf und zeigte mit hochrotem Kopf und eifrig redend auf mich und meinen Fotoapparat.Die Polizisten kamen auf mich zu,nahmen mich in ihre Mitte und zeigten auf die andere Straßenseite. Dort befand sich eine Polizeiwache,Meine Einwände nutzten nichts, wir mußten mit.Wir einigten uns,das Atze und Hans an Bord gehen um zu sagen was los ist und ich mit auf die Wache gehe.Wir waren der Meinug,wenn sie einen haben reicht das.Drinnen ging das Theater erst richtig los.Die Kollegen konnten keinWort englisch geschweige deutsch.Endlich kam ein höhere Offizier und machte mir klar das hier überhaupt nicht fotografiert werden darf.Er griff an meinen Fotoapparar und wollte ihn mir entreißen.Jetzt wurde ich aber doch leicht mürrisch und sprach meinerseits lautstark auf ihn ein.Das schien den Kerl überhaupt nicht zu beeindrucken,im Gegenteil, er wurde immer rabiater.Da reichte es mir ,ich riß den Film aus der Kamera und schmiss ihn auf seinen Tisch.Nun wurde der erst richtig sauer, ich verstand nur noch so etwas wie Spion und dachte jetzt muß du aufpassen.Ich setzte genauso eine grimmige Miene wie er auf und forderte energisch einen höheren Offizier oder noch besser unseren Botschafter.Ob ihn das beeindruckte oder ob es Zufall war, jedenfalls kam ein richtiger Lamettaträger in den Raum, und wurde sofort von seinen Versallen bestürmt.Er sprach mich dann in gebrochenem Englisch an und ich versuchte ihm den Sachverhalt zu erklären und ich von einem DDR Schiff bin.Er holte ein Protokoll schrieb was rein und ich sollte unterschreiben.Er versicherte mir dann könne ich gehen.Ich nahm meine ganzen englisch-Kentnisse zusammen und wußte sofort was es war.Die Dinger kannte ich noch vom der Wache Ulmenstraße.Ich mußte versichern,das mir keine körperliche Gewalt angetan wurde und ich gesund die Wache verlasse.Im Protokoll stand:Der Seemann Rudolf Leonard vom DDR-Schiff "Uwe Berger" ..........usw.Ich war froh als ich wieder an Bord war.Es kam nichts nach und das Schiff wurde auch nicht umgetauft. Gruß Uwe!
Auszeichnungen am jährlichen "Tag der Seeverkehrswirtschaft" in der DDR Ich finde es gut,das auch mal darüber berichtet wird.Es ist auch klar, das es zu kontroversen Meinungen kommen kann. Ich möchte an meinem Beispiel einen Beitrag zum Besten geben. 1962 fuhr ich als Matrose auf ROS-209 "Mansfeld".Auf Ausreise wurden der Bestmann Franz Koltermann und ich in die Kammer des Kaptän beordert. Der Kapitän war Hein Raedl. Wir beide mit gemischten Gefühlen hoch zu ihm auf die Brücke. Na Männer setzt euch mal, ich möchte euch gern gratulieren. Ich habe dich Franz zum Aktivisten und dich Uwe zum "Jungaktivisten" vorgeschlagen und der Funker hat eben die Bestätigung der Auszeichnung gebracht. Wir beide sahen uns verdutzt an und stammelten etwas überrascht "und wie kommt denn das?". Hein Raedl sagte nur, ihr habt es verdient und jetzt wird gefeiert. (Wir waren ja auf Ausreise)Wir haben ca.10 Stunden gefeiert alles auf Kosten des "Alten". Mann konnte der saufen! Wer Hein Raedl kannte weiß, dass der Mann nur Leistung anerkannte, also haben wir uns beide auch gefreut.(Ich war zu diesem Zeitüunkt 19 Jahre) Bis auf 1-2 Mann haben sich auch alle an Bord für uns gefreut. In der Freizeit (damals blieb ein Großteil der Besatzug in Rostock), hauten wir natürlich jeder unsere 250,Mark mit der Truppe im Tro, einer Weinstube und Metrobar auf den Kopf und alles war OK. 11 Jahre später, also im Jahr 1973, anmerken möchte ich, ich fuhr schon seit 1968 als Bestmann auf der ROS 407 "Carlo Schönhaar", kam der 1.NO Harry Müller in meine Kammer und eröffnete mir, das ein Telegramm von der Fangleitung eingegangen ist und ich zum "Verdienten Seemann" vorgeschlagen bin. Ich soll sofort einen genauen Lebenslauf schreiben und die Schiffsleitung tut das Ihrige mit der Beurteilung. Ehrlich, da war ich wirklich von den Socken.Ich war gerade 30 Jahre und meines Wissens einer der Jüngsten, wenn nicht sogar der Jüngste, der diesen Orden bekommen sollte und ich war auch nicht in der Partei. Ich war auch nie durch großartige"gesellschaftliche Arbeit" aufgefallen, außer durch einige wirklich sinnvolle Verbesserungs- vorschläge "Neuerungen". Um es kurz zu machen wurde mir beim Einlaufen erklärt, dass am 13.Oktober, beim Festakt zum "Tag der Seeverkehrswirtschaft" die Auszeichnungen vom Minister Kraak überreischt werden und ich laut schriftlicher Einladung in Uniform und mit Gattin erscheinen soll. Nun sollten wir aber am 30.September auslaufen und ich wollte deswegen nicht an Land bleiben und meinen Urlaub opfern. Als die Verantwortlichen merkten, das ich es damit ernst meine,machten sie mir einen lukrativen Vorschlag. Ich bleibe zur Auszeichnung an Land und mit dem nächsten Schiff fahre ich dann nach. Es wird aber kein Urlaub berechnet und ich werde bezahlt (einschließlich Devisen), als ob ich an Bord wäre. Ein solches Angebot zu erhalten, hatte ich nie geglaubt. Ich habe natürlich angenommen. Am 13.,das war schon eine tolle Feier, tolles Bufett, Getränke, alles vom Besten und frei, naja "Hein Seemann" ließ es sich gut gehen. Ich gebe auch zu, das ich mich kurz etwas gebauchpinselt fühlte, aber am nächsten Tag war ich der Alte. Dazu gab es 4500 Mark , also eine stolze Summe. Eine Woche später lief ich mit einem Spezie aus und stieg am Fangplatz auf mein Schiff über. Ich sofort hoch auf die Brücke zum Alten mit der Bitte " einen Ausgeben" zu dürfen. Der Alte (WalterKlück) war so in Ordnung und gab für jede Schicht ein Rohr und sagte mir zu, bei einem Fangplatzwechsel eine richtige Fete zu gestatten. Das tat er danjn auch. Da ich aber wußte, das unser "ALI" kein so großer Freund von zu viel geistigen Getränken war, hatte ich mich natürlich mit Heimatware vorgesorgt. Es wurde eine gute Feier und es gab auch keine Mißgunst, wir waren eine gute Truppe. Im Laufe meiner weiteren Fahrzeit wurde ich auch einige Male als Aktivist ausgezeichnet, aber das ging irgendwie an mir vorbei, da ich den Eindruck hatte , das ab irgendwann die Auszeichnungen oft nach seltsamen Kriterien vergeben wurden. Man denke nur an diese blödsinnigen "Brigaden der sozialistischen Arbeit". Bei aller Kritik an der Auszeichnungsvergabe, aber ich kenne keinen Fall aus der Flotte, bei der eine Auszeichnung, welcher Art auch immer, abgelehnt wurde.Genauso idiotisch fand ich, als nach dem Ende der DDR einige Künstler ihre "Nationalpreise" zurück gaben. Dabei habe ich von keinem Fall gehört, dass jemand auch die nicht unerhebliche Geldsumme zurück gegeben hat. Wie sehe ich das heute? Ist es die "Altersweisheit"? Ich glaube, Orden egal welcher Art sind überflüssig.Wenn ich richtig informiert bin, lehnt ein echter Hamburger jeden Orden ab. Es war aber nie nur eine Marotte der DDR, wenn ich mir vorstelle, wer heute alles das Bundesverdienstkreuz oder andere Orden trägt, dann halte ich es schon fast für ehrenvoller ohne zu sein. So nun habe ich verdammt viel geschrieben und habe eine Pause verdient.Ich bin aber natürlich der Meinung das man durch gerechtes Lob oder durch Tadel durchaus Mitarbeiter anspornen kann.Das schließt finanzielle Anreize ausdrücklich ein. Jetzt ein Bier!!!!!! Gruß Uwe!
Wilfried Gille Wilfried Gille